AT-OeStA/KA Kriegsarchiv (Abteilung)

Archivplan-Kontext


Signatur:AT-OeStA/KA
Abteilung:Kriegsarchiv (KA)
Adresse:Nottendorfer Gasse 2-4, 1030 Wien
Telefon:(0043-1-)79540-640452
FAX:(0043-1-)79540-640109
E-Mail:ka@oesta.gv.at
Website:www.oesta.gv.at
Öffnungszeiten des Lesesaals:Montag, Donnerstag 9h00-17h00, Dienstag, Mittwoch 9h00-18h00, Freitag 9h00-13h00
Stufe:Abteilung
Geschichte der Abteilung:Die Geschichte eines geordneten Militärarchivwesens setzt in der Habsburgermonarchie mit dem Jahre 1711 ein, als Kaiser Joseph I. die Schaffung einer Archivarsstelle beim Hofkriegsrat, der obersten Zentralbehörde für das habsburgische Kriegswesen, anordnete, um "die durch ein und anders saeculum her wegen Länge der Zeit ausser Ordnung und in Vergessenheit kombene, sonsten aber an sich selbsten sehr importirlich und denkhwürdtige Schrifften wiederumb hervorzusuechen und in guete Ordnung bringen zu lassen". Im Grunde handelte es sich bei diesem "Archivariat" innerhalb der Hofkriegskanzlei um eine "Alte Registratur" für den Dienstgebrauch.
Schon in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelte sich dieses hofkriegsrätliche Kanzleiarchiv aber durch Übernahme von nicht beim Hofkriegsrat erwachsenem Schriftgut, darunter auch eingezogene Schriftennachlässe verstorbener Militärpersonen, allmählich zu einer Art militärischem Zentralarchiv. 1776 machte die Verschmelzung der hofkriegsrätlichen Plansammlung mit dem Geniearchiv das Kanzleiarchiv auch in bezug auf kartographisches Material zu einer zentralen Anlaufstelle.
Zusätzlich galt es aber auch, aus Feldzügen der (jüngeren) Vergangenheit Lehren für die Gegenwart und Zukunft zu ziehen. Vor diesem Hintergrund ordnete Kaiser Joseph II. 1779 - freilich nur für interne Zwecke - die aktenmäßige Bearbeitung der Feldzüge seit 1740 an. Diesen applikatorischen Zugang zur Kriegsgeschichte vertrat auch Erzherzog Karl (1771-1847), als er 1801 die Schaffung einer militärischen Institution beantragte, die einerseits durch den historischen Rückblick, andererseits aber auch durch Sammlung von aktuellen Daten und Fakten zu Ländern und möglichen Kriegsschauplätzen sowie durch kriegswissenschaftliche bzw. kriegstheoretische Studien das intellektuelle Niveau des Offizierskorps und damit auch die Schlagkraft der k.k. Armee heben sollte.
Mit allerhöchster Entschließung vom 23. März 1801 trat das k. k. Kriegsarchiv ins Leben, das in dienstlicher Unterstellung unter den General(quartiermeister)stab seinem Gründungsauftrag entsprechend Akten- und Kartenmaterial zu sammeln, aber auch wissenschaftlich-publizistisch auszuwerten hatte. Seit 1808 gab das Kriegsarchiv die "Österreichische Militärische Zeitschrift" heraus.
Das alte Kanzleiarchiv beim Hofkriegsrat verlor den Großteil seines auf die eigentlichen Kriegsoperationen bezüglichen Schriftgutes an das neue Kriegsarchiv und ging schließlich 1846 in der Registratur des Hofkriegsrats (bzw.Kriegsministeriums) auf.
Das k. k. (seit 1889 k. u. k.) Kriegsarchiv bestand zunächst aus einer Schriftenabteilung (dem eigentlichen Archiv), einem Karten-Archiv (längere Zeit das Zentrum der österreichischen Kartographie überhaupt), der Bibliothek und einer Abteilung für kriegsgeschichtliche Arbeiten, die von 1818-1876 ein institutionelles Eigenleben (Generalstabsbüro für Kriegsgeschichte) führte und seit Mitte des 19. Jahrhunderts wissenschaftlich erfolgreiche Generalstabswerke zur jüngeren österreichischen Kriegsgeschichte publizierte. 1876-1919 war die kriegsgeschichtliche Forschung wieder Aufgabe einer eigenen Abteilung innerhalb des Kriegsarchivs. Ab 1876 erschienen neben Generalstabswerken zur älteren Kriegsgeschichte der Habsburgermonarchie eigene "Mitteilungen des k. (u.) k. Kriegsarchivs".
Nicht zuletzt im Sinne der dem Kriegsarchiv übertragenen Kriegsgeschichtsschreibung wurde auch die Sammel- und Einziehungstätigkeit weiter intensiviert. Bis Ende des 19. Jahrhunderts hatte das Kriegsarchiv den Großteil des bis dahin noch andernorts verwahrten militärischen Schriftguts an sich gezogen.
Mit dem 1. Weltkrieg wuchsen dem Kriegsarchiv neue Aufgaben zu, bei der Übernahme von Massenschriftgut von der Front, aber auch in Gestalt großangelegter Presse- und Propagandaarbeit, wofür der Personalstand des Archivs gewaltig erhöht werden mußte.
Das Jahr 1918 markiert nicht nur das Ende der Habsburgermonarchie und der alten k. u. k. Armee. Auch das Kriegsarchiv wurde nach dem Zusammenbruch von einer Heeresanstalt zu einer zivilen Institution, der nach dem Zerfall der Monarchie massenhaft neues Aktenmaterial aufgelöster Dienststellen und bisher eigenständiger Archive zufiel (wie das Militärgerichtsarchiv oder das Marinearchiv). Zusätzlich konnte 1930-1938 das letzte Generalstabswerk alten Zuschnitts zur Geschichte des 1. Weltkriegs herausgebracht werden (Österreich-Ungarns letzter Krieg).
1938-1945 war das Kriegsarchiv als Heeresarchiv Wien Teil der deutschen Heeresarchivorganisation unter dem Oberkommando des Heeres. Die Tendenz zur Zentralisierung möglichst des gesamten militärisch relevanten Schriftgutes setzte sich in der NS-Zeit fort, ja wurde noch verstärkt. Unter anderem kam so auch das mit dem Anschluß archivwürdig gewordene Material zur Geschichte des 1. Österreichischen Bundesheeres in das Wiener Heerearchiv. 1945 wurde das Kriegsarchiv zu einer Abteilung des neu geschaffenen Österreichischen Staatsarchivs.
Auch das Kriegsarchiv hatte, vor allem bei den Auslagerungen seiner Bestände im Zeichen des Bombenkrieges, beträchtliche Verluste hinzunehmen. Dem standen reiche Zuwächse vor allem an Personalunterlagen gegenüber, darunter die erst 1984 in das Archiv gelangten Militärmatriken. Speziell die Übernahme des österreichische Staatsbürger betreffenden Personalschriftgutes der Deutschen Wehrmacht brachte ab den späten fünfziger Jahren durch die Verpflichtung zur Ausstellung von Dienstzeitbestätigungen massive Belastungen im Dienste der Sozialbürokratie.
Umstruktierungen innerhalb des Österreichischen Staatsarchivs hatten auch für das Kriegsarchiv einschneidende Folgen: 1984-1987 wurde das militärische Schriftgut der 1. und 2. Republik sowie der NS-Zeit an das Archiv der Republik abgetreten. 1984 ging die quantitativ wie qualitativ bedeutende Bibliothek des Kriegsarchivs in der neugeschaffenen Bibliothek des Österreichischen Staatsarchivs auf. 1991-1993 schließlich übersiedelte das seit 1905 in der Stiftkaserne im 7. Wiener Gemeindebezirk untergebrachte Kriegsarchiv mit seinen ca. 50 Regalfachkilometer umfassenden Beständen (etwa 180.000 Kartons, 60.000 Bände, 416.000 Karten und Pläne und 300.000 Bilder) in das Zentralarchivgebäude im 3. Bezirk.
Bestände:Die Bestände des Kriegsarchivs lassen sich grob in fünf große Themenblöcke einteilen:
1. Personalunterlagen zu Offizieren, Unteroffizieren, Mannschaften und Beamten der bewaffneten Macht von etwa 1740 bis 1918 (Musterlisten, Grundbuchblätter, Conduite- und Qualifikationslisten sowie Dienstbeschreibungen der Generäle und Offiziere, Militärmatriken, Pensionsbücher, Verlust- und Gefangenenlisten des 1. Weltkrieges etc., Belohnungsakten 1789-1958, also Unterlagen zu verliehenen militärischen Auszeichnungen, denen das Archiv des Militär-Maria-Theresienordens angeschlossen ist.).
2. Feldakten mit Material zu den Operationen österreichischer Feldarmeen vom 16. Jahrhundert bis 1882 (Alte Feldakten und Armeeakten) sowie zum 1. Weltkrieg 1914-1918 (Armeeoberkommando, Neue Feldakten).
3. Allerhöchster Oberbefehl und Zentralstellen. Diese Gruppe bündelt das Schriftgut von wichtigen Institutionen in der Umgebung des Kaisers (besonders der Militärkanzlei, der Generaladjutantur und des Generalstabs), von militärischen Zentralstellen (Hofkriegsrat 1557-1848, Kriegsministerium 1848-1918, Ministerium für Landesverteidigung 1868-1918) und einer Reihe anderer Behörden, Anstalten und Territorialkommanden wie z.B. des Invalidenamtes, des Apostolischen Feldvikariats, der obersten Genie- und Artilleriebehörden, der Militärerziehungs- und Bildungsanstalten, der Militärinvalidenhäuser und einzelner General- und Militärkommanden in den Ländern.
4. Kriegsmarine und Luftfahrtruppe
5. Sammlungen, worunter insbesondere die umfangreichste Karten- und Plansammlung Österreichs, die Bildersammlung, die Manuskripte und eine bedeutende Kollektion militärischer Schriftennachlässe zu nennen sind.
Das Kriegsarchiv ist heute ein "historisches Archiv". Das hier verwahrte Behördenschriftgut endet im wesentlichen mit wenigen Ausnahmen mit dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie 1918. In den Sammlungen des Kriegsarchivs hingegen stellt das Jahr 1918 keine wirkliche Zäsur dar.
Umfang:Ca. 50 Laufkilometer (180.000 Kartons, 60.000 Bände, 600.000 Landkarten und 400.000 Bilder)
Laufzeit:16. Jh. - 20. Jh.
Literatur:Bestandsübersicht:

Inventar des Kriegsarchivs Wien. 2 Bde. Wien 1953 (Inventare Österreichischer Archive II/8)

Literatur:

Wolf, G.: Geschichte der k.k. Archive in Wien. Wien 1871, S. 160-178
Bancalari, Gustav: Quellen der oesterreichischen Kriegs- und Organisations-Geschichte. Wien 1872 (Beiträge zur Geschichte des österreichischen Heerwesens 2)
Das k. k. Kriegsarchiv. Geschichte und Monographie. Wien 1878 (2. Auflage Wien 1900)
Zitterhofer, Karl: Die literarische Tätigkeit des Kriegsarchivs 1784-1909. In: Österreichische Militärische Zeitschrift 1909/2, S. 1717-1726
Regele, Oskar: Die Geschichtsschreibung im Wiener Kriegsarchiv von 1779 bis zum Ende des ersten Weltkrieges. In: Festschrift zur Feier des zweihundertjährigen Bestandes des Haus-, Hof- und Staatsarchivs. Wien 1949, Bd. 1, S. 732-743
Peball, Kurt: Literarische Publikationen des Kriegsarchivs im Weltkrieg 1914-1918. In: In: MÖStA 14 (1961), S. 240-260
Egger, Rainer: Das Kriegsarchiv Wien. In: Militärgeschichtliche Mitteilungen 1970/1, S. 113-120, 1970/2, S. 167-175, 1971/1, S. 173-181, 1972/1, S. 127-135
Egger, Rainer: The Kriegsarchiv. In: Austrian History Yearbook 6/7 (1970/71), S. 39-66
Egger, Rainer: Das Kriegsarchiv und seine genealogischen Quellen. In: Scrinium 5 (1971), S. 1-56
Wagner, Walter, Quellen zur Geschichte der Militärgrenze im Kriegsarchiv Wien. In: Die Militärgrenze. Wien 1973 (Schriften des Heeresgeschichtlichen Museums 6), S. 261-290 [trotz des einschränkenden Titels ein wichtiger Wegweiser für die praktische Benützung vieler Bestände des Kriegsarchivs]
Stahl, Friedrich Christian: Die Organisation des Heeresarchivwesens in Deutschland 1936-1945. In: Aus der Arbeit des Bundesarchivs. Beiträge zum Archivwesen, zur Quellenkunde und Zeitgeschichte, hrsg. von Heinz Boberach/Hans Booms. Boppard/Rhein 1977 (Schriften des Bundesarchivs 25), S. 69-101
Winter, Otto Friedrich: Das Kriegsarchiv - 75 Jahre in der Stiftskaserne. In: Scrinium 24 (1981), S. 143-164
Benard, Anne-Gaëlle: Guide des Archives Nationales Autrichiennes à l’usage du lecteur francophone. Wien 1995 (Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs/Inventare 1)
Egger, Rainer: Das Kriegsarchiv. In: Schatzhäuser Österreichs. Das Österreichische Staatsarchiv. Wien 1996, S. 51-57
Hochedlinger, Michael: Kriegsgeschichte-Heereskunde-Militärgeschichte? Zur Krise militärhistorischer Forschung in Österreich. In: Zeitschrift für Heereskunde 63 (1999), S. 41-45
Hochedlinger, Michael: "Bella gerant alii ...?" On the State of Early Modern Military History in Austria. In: Austrian History Yearbook 30 (1999), S. 237-277
Tepperberg, Christoph: The Austrian War Archives in Vienna (Kriegsarchiv Wien) and its Records Pertaining to Personnel. In: East European Genealogical Society 8 (2000), S. 9-24
Quellen zur Militärgeschichte. 200 Jahre Kriegsarchiv. Innsbruck etc. 2001 (Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 49), darin u.a. Egger, Rainer: Das Kriegsarchiv vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg (S. 13-39) und Hillbrand, Erich: Das Kriegsarchiv von 1945 bis zur Jahrtausendwende (S. 41-58)
Unter Österreichs Fahnen. Militärhistorische Kostbarkeiten aus sechs Jahrhunderten. Katalog zur Ausstellung "200 Jahre Kriegsarchiv" vom 18. Oktober 2001 bis 28. Februar 2002. Wien 2001
Hochedlinger, Michael: Quellen zum kaiserlichen bzw. k.k. Kriegswesen. In: Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16.-18. Jahrhundert). Ein exemplarisches Handbuch, hrsg. von Josef Pauser, Martin Scheutz und Thomas Winkelbauer. Wien-München 2004 (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung
44), S. 162-181
Hochedlinger, Michael: "Der schlafende Riese". Das Österreichische Staatsarchiv, Abteilung Kriegsarchiv. In: Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit 9 (2005), S. 165-186
Eine Kurzvorstellung des Kriegsarchivs und seiner Bestände in englischer Sprache findet sich auch unter www.military-archives.org.

© ÖStA (Michael Hochedlinger)
Verfasser:Michael Hochedlinger (ab Juli 2004)
 

Verwandte Verzeichnungseinheiten

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Benutzung

Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

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