AT-OeStA/HHStA RHR Judicialia Antiqua 50-1 Heilbronn, Bürgerschaft contra Heilbronn, Bürgermeister und Rat; Innerstädtischer Streit um Kontributionen, Einquartierungen und Stadtverfassung, 1650-1655 (Akt (Sammelakt, Grundzl., Konvolut, Dossier, File))

Archivplan-Kontext


Angaben zur Identifikation

Signatur:AT-OeStA/HHStA RHR Judicialia Antiqua 50-1
Titel:Heilbronn, Bürgerschaft contra Heilbronn, Bürgermeister und Rat; Innerstädtischer Streit um Kontributionen, Einquartierungen und Stadtverfassung
Entstehungszeitraum:1650 - 1655
Frühere Signaturen:Fasz. 52, Nr. 1; Fasz. 53, Nr. 11
Darin:Schreiben des Reichshofratsagenten und appellantischen Anwalts Jonas Schrimpf in Sachen des Appellationsprozesses zwischen Jakob Mathieu und Peter Olde dem Jüngeren “curatorio nomine uxoris Mariae” als Appellanten und Daniel Martin Schmidt als Appellat, Präsentationsvermerk 1672 12 15, fol. 1v-2r (Innenseiten des Titelblatts des Akts); Erklärung der verschworenen Bürgerschaft mit 140 eigenhändigen Unterschriften, 1650 08 16 (Ausf.), fol. 77r-80v; Kommissionsberichte: 1651 04 05 (Ausf.), fol. 198r-216v; 1652 01 03 (Ausf.), fol. 250r-251v; 1652 03 05 (Ausf.), fol. 319r-368v, darin: Konzept eines Rezesses (Vergleichs) zwischen den Parteien, fol. 350r-363v; Aufstellungen über Minderzahlungen der Magistratsmitglieder zu Kontributionen, aus Rechnungen von 1637-1651, fol. 258r-260r; ferner fol. 643r-697v; Liste der drei Ratskollegien (großer Rat, kleiner Rat, Gericht) 1652 und dezidierte Verwandtschaftsbiogramme der Mitglieder, fol. 461r-470v; Sammlung von 28 königlichen und kaiserlichen Privilegien (Abschrr.) für die Stadt Heilbronn (fol. 376r-440v) über städtische Ordnungen, Statuten und Stadtrecht, Messen und Jahrmärkte (Kiliansmarkt), Gerichtsverfassung, Immunitäten, Spitalwesen, Steuern, Gewerbezoll, Bürgeraufnahmen, Erbschaften, Reichssteuern, Juden, Deutschordenshaus, Schloss Klingenberg von: Rudolf von Habsburg: 1281 09 09, fol. 376r-377v; 1288 12 25, fol. 378-379v; Ludwig dem Bayern: 1316 03 09, fol. 380r-381v; 1318 10 19, fol. 382r-383v; 1318 10 19, fol. 384r-385v; 1322 08 24, fol. 386r-387v; 1322 08 24, fol. 388r-389v; 1330 01 05, fol. 390r-391v; 1333 05 21, fol. 392r-393v; 1334 06 02, fol. 394r-395v; 1338 08 20, fol. 396r-397v; 1347 03 23, fol. 398r-399v; Karl IV.: 1348 01 27, fol. 400r-401v; 1355 12 09, fol. 402r-403v; 1359 06 02, fol. 404r-405v; 1360 10 31, fol. 406r; 1361 02 01, fol. 406v; 1361 12 12, fol. 408r-409v; Ruprecht: 1401 08 07, fol. 410r-411v; Friedrich III.: 1459 10 08, fol. 412r-413v; 1487 02 16, fol. 414r-415v; 1487 02 16, fol. 416r-417v; Maximilian I.: 1500 01 16, fol. 418r-419v; 1500 01 18, fol. 420r-423v; 1510 10 26, fol. 424r-425v; Karl V.: 1541 06 20, fol. 426r-428v; Ferdinand I.: 1543 02 04, fol. 429r-432v; Maximilian II.: 1566 05 21, fol. 433r-440v (Stadtordnung); ferner: Vereinbarung mit der Stadt Nürnberg über Zollfreiheit, 1322 12 20 und 1620 07 27, fol. 441r-442v; Auszug aus einer Urkunde Karls IV. über die Abschaffung der Zünfte, 1372 12 25 (Abschr.), fol. 365r; Mandat sine clausula an die Stadt Heilbronn, Adam von Wolkenstein aus den Steuern die jährlichen Zinsen von 400 Gulden zu bezahlen, die er 1643 für 8.000 Gulden gekauft hat, 1651 06 16 (Abschr.), fol. 995r-996v; Ferdinand III. gewährt dem Hauptmann Anton von Sankt Mauritz, dass dessen Heilbronner Haus nicht über die gewöhnliche Kontribution hinaus belastet werden soll, 1640 03 06 (Abschr.), fol. 1052r; Fürbittschreiben der ausschreibenden Städte Straßburg, Nürnberg, Frankfurt am Main und Ulm für den Magistrat, 1652 03 19 (Ausf.), fol. 715r-721v; desgl. von den “zur gegenwerttigen Reichsversamblung” Depurtierten der Reichsstädte, präsentiert 1654 03 26 (Ausf.), fol. 849r-850v, ferner fol. 1106r-1109v. “Kurtzer Extract der Injurien”, die der Heilbronner Syndikus Heuchelin am Wiener Hof gegen die Bürgerschaft begangen hat, undat. [1652], fol. 1060r-1061r; Notariatsinstrumente.

Angaben zu Inhalt und Struktur

Kläger/Antragsteller/Betreff:Heilbronn, Bürgerschaft
Beklagter/Antragsgegner:Heilbronn, Bürgermeister und Rat, später zudem: Trapp, Ludwig, Bürgermeister; Jesslin, Michael, Bürgermeister
RHR-Agenten:Bürgermeister und Rat: Burgdorf, Jeremias Pistorius von, später: Steiger, Heinrich (Vollmacht, 1651 11 25, Ausf., fol. 266r-267v) Bürgerschaft: Harrer, Ehrenreich (Vollmacht, 1650 10 19, Ausf., fol. 178rv), später: Peringer, Georg Gregor (Vollmacht, 1652 04 22, Ausf., fol. 698r)
Gegenstand - Beschreibung:Der Streit Heilbronner Bürger gegen den dortigen Magistrat entzündet sich an der Umlage der Kontributionen und Einquartierungen, gewinnt aber schon bald eine eigene Dynamik, die die städtische Ordnung und die sie prägenden hierarchischen Strukturen insgesamt auf den Prüfstein stellt. Zwar gelingt es dem beklagten Magistrat zunächst, ein scharfes kaiserliches Patent “wider die auffgestandene Bürgerschafft” zu erwirken, das alle gegen den Magistrat als rechtmäßige Obrigkeit gerichteten Handlungen verbietet und den Bürgern insbesondere befiehlt, “Handgelübt und Conspirationen” aufzugeben. Schon Karl IV. habe, so die Argumentation des Magistrats, die Heilbronner Zünfte als Keimzelle ungehorsamen Protestes gegen die Obrigkeit abgeschafft. Der gleichwohl verschworene Teil der Bürger (im folgenden: Bürgerschaft) erreicht jedoch die Einrichtung einer Kommission und erhält dadurch die Gelegenheit, seine Argumente mehrfach ausführlich vorzubringen. Die Bürgerschaft, die auch Einsicht in die städtischen Privilegien verlangt, moniert vor allem, sie wisse nicht, wie hoch die Kontributionslasten wirklich seien und wie die Steuereinnahmen verwendet würden. Die Stadtrechnungen würden anders als in Erfurt und Frankfurt am Main nicht kontrolliert. Die Steuer- als auch die Einquartierungslasten seien ungerecht verteilt. Magistratsmitglieder würden geschont. Das alles sei darauf zurückzuführen, dass “sowohl der khleine als grosse Rath, wie auch das Stadtgericht mit lauter nachendten Bluts Verwandten, Freundt- und Schwägerschafft besezt ist, also daß in allen dreyen Collegien nit woll über 8 oder 10 Persohn zu finden, welche nit verschwägert oder sonst verwandt sein”. Da “daß publicum recht woll und gebührlich administrirt, Recht und Gerechtikheiten gehandtbabt, und alle Parteyligkheiten bey seiten gesezt und abgestelt werden solte, so muss dise Schötten der so nahen Verwandten, Bluts-, Freundt- und Schwägerschafft notwendig zertrennet und zertrimert werden” (fol. 190r). In der Folge erarbeitet die Kommission einen Vergleich, der vom Magistrat akzeptiert wird, obwohl er nach Meinung der Kommission viele der insgesamt 387 Gravamina der Bürgerschaft (die den Akten nicht in extenso beiliegen) einbezieht. Die Bürgerschaft verweigert jedoch die Annahme des Vergleichs, da sie ihren Standpunkt in der zentralen Frage der Steuer- und Lastenverteilung wie auch in der Frage der Bezahlung der Kommissionskosten nicht angemessen berücksichtigt findet. Der anschließende Steuerboykott wird vom Rat mit einer Strafe von 5.000 Reichstalern belegt, wogegen die Bürgerschaft beim Reichshofrat appelliert. Der daraufhin vom Rat nach Wien entsandte städtische Syndikus August Friedrich Heuchelin erwirkt durch persönliche Audienz beim Kaiser Mandate, die den Magistrat im Hinblick auf den von der der Bürgerschaft verweigerten Huldigung- und Steuereid unterstützen. Die Bürgerschaft gibt diese Verweigerung zwar auf, verharrt aber weiterhin in einer Art Fundamentalopposition, die auf eine Beteiligung an den städtischen Gremien und somit letztlich darauf zielt, dass das “ganze Statt Regiment in eine andere newe form und modell gegoßen werden möchte”, wie es in einem Fürbittschreiben anderer Städte für den Rat heißt (fol. 715r). Die schließlich ergehenden Urteile erklären die Klagen der Bürgerschaft freilich für nichtig, befehlen die Auflösung jeglicher Verbindungen unter den Bürgern sowie unbedingten Gehorsam gegenüber dem Magistrat. Sie sprechen die von der Bürgerschaft auch persönlich verklagten Bürgermeister von jedweder Schuld frei und künden neue Verordnungen zur Stadtverfassung an, die in dem Akt nicht dokumentiert sind (siehe dazu Nr. 81 und 84).
Entscheidungen:Kaiserliches “Patent wider die auffgestandene Bürgerschafft zu Heilbron”, 1650 09 12 (Konz.), fol. 27r-31v, ferner (Abschr.), fol. 149r-150v; Befehl an den Pfalzgraf bei Rhein und den Herzog von Württemberg, den Magistrat in seinem Vorgehen gegen die Bürgerschaft zu unterstützen, 1650 09 12 (Konz.), fol. 33r-34v; Befehl an den Magistrat, die Kontributionen einzuziehen und gegen widersetzliche Bürger die Hilfe des Pfalzgrafs bei Rhein und des Herzogs von Württemberg anzurufen, 1650 09 30 (Konz.), fol. 87r-88r; Kommissionsbefehl an Pfalzgraf Karl Ludwig bei Rhein und Herzog Eberhard von Württemberg, den Streit zwischen den Bürgern und dem Magistrat zu untersuchen und Bericht abzustatten, 1650 10 14 (Konz.), fol. 129r-131v; an den Magistrat: Mitteilung über die Einrichtung der Kommission und Befehl, bis zur Entscheidung von den Bürgern nichts zu fordern, 1650 10 14 (Konz.), fol. 131rv; an die Bürgerschaft: Mitteilung über die Einrichtung der Kommission und Befehl, bis zur Entscheidung des Streits dem Magistrat zu gehorchen, 1650 10 14 (Konz.), fol. 133rv; An die Kommission: 1) sie soll die originalen Steuer- und Rechnungsbücher sowie die Einquartierungsrollen untersuchen, das Ergebnis der Bürgerschaft mitteilen und entweder nach Anhörung beider Parteien entscheiden oder dem Hof berichten; 2) die Kommissionskosten sollen entweder aus dem kommunalen Etat bezahlt oder nach Vermögen auf alle Bürger einschließlich der Magistratsmitglieder umgelegt werden; 3) in den anderen von der Bürgerschaft vorgebrachten Klagepunkten soll die Kommission nach Recht und Billigkeit entscheiden; die städtischen Privilegien sollen, bevor sie der Bürgerschaft gezeigt werden, erst in Abschriften an den Hof geschickt werden; die Kommission soll sich Respekt verschaffen und alle, die ihren Anweisungen nicht Folge leisten, bestrafen; die Bürgerschaft ist zum Gehorsam gegenüber dem Magistrat aufzufordern, 1651 06 05 (Konz.), fol. 217r-220r, ferner (Abschr.), fol. 929r-930v; Befehl an die Kommission, ihre Gutachten einzuschicken und die Bürgerschaft nicht daran zu hindern, weiterhin Eingaben an den Kaiser zu machen, 1652 01 15 (Konz.), fol. 240rv; Befehl an die Kommission, den Magistrat gegen Bürger, die sich der Ableistung des Huldigungs- und Steuereids widersetzen, zu unterstützen, 1652 06 06 (Konz.), fol. 730r; Befehl an die Kommission, den Hauptbericht einzuschicken, 1652 06 06 (Konz.), fol. 732rv, ferner (Abschr.), fol. 745r; erneuert, 1652 09 11 (Konz.), fol. 774rv, ebenso 1653 01 03 (Konz.), fol. 788rv; Befehl an den Magistrat, die Bürger zu den Eiden anzuhalten, aber bis zur Entscheidung des Prozesses nichts von ihnen zu fordern, 1652 06 06 (Konz.), fol. 733r-734r; Urteil in der Sache Bürgerschaft contra Bürgermeister Trapp: Letzterer ist von der Anklage, 800 Gulden veruntreut zu haben, freigesprochen, 1654 03 30 (Konz.), fol. 851r-852r; Urteil in der Sache Bürgerschaft contra Bürgermeister Jesslin: Letzterer ist von der Anklage auf Veruntreuung und Bigamie freigesprochen, 1654 03 30 (Konz.), fol. 852rv; Dekret im Streit Bürger gegen Magistrat: die Klagen der Bürger sind unzulässig (beruhen auf Neid, Hass und Rachgier), der Streit soll ein für allemal beigelegt sein, alle Verbindungen unter den Bürgern sind zu lösen, alle Eide, Versprechungen oder in diesem Zusammenhang eingegangenen Verpflichtungen sind nichtig, eine neue Stadtordnung tritt in Kraft, Zusammenrottungen sind auf immer verboten, mit Blick auf die Kommissionkosten bleibt es bei der Entscheidung von 1651 06 05, eine weitere Kommission mit Blick auf die Klagen gegen die Bürgermeister wird nicht eingerichtet, 1654 03 30 (Konz.), fol. 853r-857v; Befehl an die Kommission, Urteile und Dekret öffentlich in Heilbronn zu verkünden und das Dekret anschließend Bürgermeister und Rat, die Urteile aber den Bürgermeistern auszuhändigen, 1654 03 30 (Konz.), fol. 859r-860v.
Umfang:Fol. 1-1145
 

Verwandte Verzeichnungseinheiten

Verwandte Verzeichnungseinheiten:keine
 

Benutzung

Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

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