AT-OeStA/HHStA RHR Judicialia Denegata recentiora 388-4 Wolf, Samuel, Jude zu Niederwerrn contra Moyses, Lazarus, Süßmann, Moyses, sowie Fulda, Fürstbischof; Appellation gegen einen Bescheid einer vom Fuldaer Fürstbischof eingesetzten Lotteriekommission betreffend Arretierung einer Schuldsumme von

Archivplan-Kontext


Angaben zur Identifikation

Signatur:AT-OeStA/HHStA RHR Judicialia Denegata recentiora 388-4
Titel:Wolf, Samuel, Jude zu Niederwerrn contra Moyses, Lazarus, Süßmann, Moyses, sowie Fulda, Fürstbischof; Appellation gegen einen Bescheid einer vom Fuldaer Fürstbischof eingesetzten Lotteriekommission betreffend Arretierung einer Schuldsumme von 2.000 Gulden zur Zahlung ausstehender Lotteriegelder, Diäten und Honorare
Entstehungszeitraum:1772 - 1774
Darin:Verfahrensprotokoll Appellationsinstrument, 1772 03 02 (Ausfertigung); Bescheid der Lotteriekommission zu Fulda, 1772 02 22 (Abschrift); Aufsagung einer Kaution und Protestation, das Lotteriegeschäft betreffend, 1768 11 20 (Abschrift); Mandatum Procuratorium, Theodor Edler von Lucam, 1772 10 01 (Original, zweifach); Libellus Gravaminum mit Beilagen, 1772 11 16 (Original); Hochfürstliches Privileg zur Durchführung der ersten Lotterie, 1767 08 14 (Abschrift); Generalabrechnung zwischen der fürstlichen Hofkammer und dem Hoffaktor Wolf, 1771 11 05 (Abschrift); Ladung des Samuel Wolf durch die Lotteriekommission, 1772 02 01 (Abschrift); Bericht des Fürstbischofs mit Beilagen, 1774 08 11 (Original)

Angaben zu Inhalt und Struktur

Kläger/Antragsteller/Betreff:Wolf, Samuel, Jude zu Niederwerrn, würzburgisch und fuldaischer Hoffaktor, auch Rabbiner des Ritterkantons Rhönwerra
Beklagter/Antragsgegner:Moyses, Lazarus; Süßmann, Moyses (beide Hof‐ und Schutzjuden in Fulda); Heinrich VIII. von Bibra, Fürstbischof zu Fulda; hochfürstliche Lotteriekommission zu Fulda
RHR-Agenten:Lucam, Theodor, Edler von (Appellant); Schwannahini, Gotthard, Edler von (Appellat)
Gegenstand - Beschreibung:Wolf Samuel beschwert sich beim Kaiser wegen eines ihm auferlegten Arrestes aufgrund einer gegen ihn geltend gemachten Schuldforderung in Höhe von 2.000 Gulden. Die Forderung soll aus einem mit Lazarus Moyses und Moyses Süßmann getätigten Lotterieunternehmen resultieren. Er führt aus, er sei zum Zeitpunkt der fraglichen Lotterie nicht mehr Mitgesellschafter des Unternehmens gewesen, da er seine Vollmacht und Kaution gegenüber seinen ehemaligen Mitgesellschaftern Lazarus Moyses und Moyses Süßmann mittels Aufsagung und Protestation zurückgezogen habe. Zugleich macht er geltend, dass das vor der hochfürstlichen Lotteriekommission geführte, auf Betreiben der Mitgesellschafter in Gang gesetzte Arrestverfahren null und nichtig gewesen sei, da die vom Fürstbischof eingesetzte Lotteriekommission gleichermaßen Richter wie Partei wäre. So sei der Fürst ebenso wie die jüdischen Mitgesellschafter Teilhaber am Lotterieunternehmen und habe ein Eigeninteresse. Ferner wäre er in dem fraglichen Arrestverfahren weder ordnungsgemäß geladen noch gehört worden. Auch seien seine später vorgebrachten Einwände unberücksichtigt geblieben. Es handle sich zudem um eine Kabinettssache, die nicht mit Recht, sondern mit Briefen abzuhandeln sei. Die gegen ihn vorgebrachten Ansprüche auf Zahlung der 2.000 Gulden Lotteriegelder, Diäten und Honorare an die fürstlichen Räte seien unbegründet, da er zu dem Zeitpunkt ihres Entstehens nicht mehr Gesellschafter gewesen wäre. Angesichts dessen könne die von Lazarus Moyses und Moyses Süßmann beanspruchte Schuldsumme nicht mit seiner, gegen den Fürstbischof bzw. dessen Hof‐ und Rentkammer bestehenden Schuldforderung aufgerechnet werden; eine Arretierung sei unrechtmäßig. Dem widerspricht der Fürst im Bericht und macht deutlich, dass er weder Mitgesellschafter wäre noch davon absehen könne, auf die Zahlung seiner Gelder aus dem (erfolglosen) Lotterieunternehmen zu bestehen. Auch könne er seinen Geheimen Räten und den Hofräten nicht zumuten, auf ihre Honorare zu verzichten. Die Erfolglosigkeit des Lotterieunternehmens, das nur bis zur vierten Ziehung bestand, hätten die jüdischen Unternehmer allein zu verantworten. Die Lotteriekommission sei gleich zu Beginn der Einführung des Lotteriewesens in seinem Hochstift eingesetzt worden, bestünde aus zwei unabhängigen Geheimen Räten und einem unadeligen Hofrat. Ihr stehe – der Natur der Sache entsprechend – die erstinstanzliche Gerichtsbarkeit zu. So habe er der Lotteriekommission (als Kabinettskommission) befohlen, die von Lazarus Moyses und Moyses Süßmann gegen ihren Mitgesellschafter Samuel Wolf vorgebrachten Beschwerden untersuchen zu lassen. Von dieser wäre Samuel Wolf nicht nur einmal, sondern des Öfteren geladen worden; doch dieser sei mehrfach ausgeblieben. Es habe den Anschein, als wolle Wolf "seinen Hals aus der Schlinge ziehen" und seine Fuldaer Mitgesellschafter mit ihrem ‐ von Wolf vorhergesehenen ‐ Verlust im Stich lassen. So habe er als Fürstbischof nicht anders gekonnt, als mit seiner eigenen, gegenüber Samuel Wolf habenden Schuld aufzurechnen. Wohlweislich, dass dieses Vorgehen unanständig sei, da die eine mit der anderen Sache nichts zu tun habe. Ferner könne Wolf nicht einfach mit einem bloßen Widerruf seiner Vollmacht und Kaution von dem Geschäft zurücktreten, denn immerhin habe der Fürst eine landesherrliche Garantie für das Lotterieunternehmen abgegeben und auf diese Weise wäre seine eigene Ehre mit der Angelegenheit verbunden. Es stünde nicht in der Macht eines einzelnen Lotterieunternehmers, sich von seinen Verpflichtungen zu lösen, ohne die Lotteriekommission oder den Fürstbischof vorher konsultiert zu haben. Vielmehr müsse sich Wolf dem Vorwurf aussetzen, dass er gleich zu Beginn des Lotteriewesens betrügerisch, arglistig und zum Nachteil seiner Mitgesellschafter gehandelt habe.
Der Reichshofrat schlägt die Appellation ab ohne überhaupt die Eröffnung eines Appellationsprozesses gewährt zu haben.
Entscheidungen:Fristverlängerung zur Einreichung des Beschwerdelibells, 1772 06 30 (Vermerk), 1772 09 01 (Vermerk), 1772 11 03 (Vermerk); Mitteilung des Libellus Gravaminum, Reskript um Bericht, 1773 10 29 (Vermerk) Reskript um Bericht an den Bischof und Fürst zu Fulda, 1773 10 29 (Konzept); Appellationsprozess wird abgeschlagen und dem Judicio á quo per Reskript befohlen, das Verfahren vor Ort zu beenden, 1774 09 19 (Vermerk); Reskript an den Bischof dahingehend, 1774 09 19 (Konzept)
Bemerkungen:Die Verzeichnungsdaten wurden von Mitarbeitenden des Projekts "Die jüdischen Betreffe des Reichshofrats" zur Verfügung gestellt.
Umfang:118 fol.
 

Verwandte Verzeichnungseinheiten

Verwandte Verzeichnungseinheiten:siehe auch:
AT-OeStA/HHStA RHR Judicialia Denegata recentiora 353-6 Wolf, Samuel, würzburgischer und fuldischer Hoffaktor aus Niederwerrn contra Moyses, Lazarus, Schutzjude zu Fulda, und hochfürstliche Regierung zu Fulda; Appellation wegen einer Schuldforderung, 1772-1773 (Akt (Sammelakt, Grundzl., Konvolut,
 

Benutzung

Schutzfristende:31.12.1804
Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL:https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=6407018
 

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