AT-OeStA/HHSTA KA StR Staatsrat, 1761-1848 (Bestand)

Archivplan-Kontext


Angaben zur Identifikation

Signatur:AT-OeStA/HHSTA KA StR
Titel:Staatsrat
Entstehungszeitraum:1761 - 1848
Stufe:Bestand

Angaben zum Umfang

Anzahl:1800
Archivalienart:Akten und Geschäftsbücher

Angaben zum Kontext

Verwaltungsgeschichte:Unter den zentralen Ratsbehörden, deren sich die habsburgischen Herrscher in den Ländern der Donaumonarchie bedienten, nimmt der 1760 bis 1848 – und damit unter den Behörden dieser Art bei weitem am längsten – bestehende Staatsrat eine hervorragende Stellung ein. Als oberste Behörde zur Leitung der inneren Verwaltung hatte er die Maßnahmen der Herrscher durch Gutachten vorzubereiten, wobei sein Einfluss im Laufe seines Bestehens, je nach persönlichem Regierungsstil der einzelnen Herrscher, verschieden groß war. Am 14. Dezember 1760 von Maria Theresia gegründet, nahm der Staatsrat 1761 seine Tätigkeit auf. Seinem Wesen nach war er eine dem Monarchen zur Seite gestellte oberste Beratungsbehörde mit Regierungsfunktion, die allerdings – im Gegensatz zu den im vorkonstitutionellen Staat von der Regierung getrennten obersten Verwaltungsbehörden – mit keinerlei vollziehender Gewalt ausgestattet war. Ohne selbst in die laufenden Geschäfte einzugreifen, hatte der Staatsrat die von der Kaiserin zu fassenden Beschlüsse auf die legislatorischen und administrativen Eingaben der Hof- und Länderstellen durch Gutachten vorzubereiten, wobei seine allerwichtigste Funktion darin bestand, im Sinne der Gesamtstaatsidee für die bisher fehlende Koordinierung der Maßnahmen in den nach Verwaltungszweigen getrennt geführten inneren Angelegenheiten der Monarchie zu sorgen. Sachlicher Wirkungskreis des Staatsrats waren innere Staatsangelegenheiten in einem weiten, faktisch das Nicht-Auswärtige umfassenden Sinn. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Kontrolle der tatsächlichen Durchführung kaiserlicher Anordnungen durch die Hofstellen und die Verbesserung der inneren Staatsverwaltung insgesamt; entsprechende Vorschläge sollten geprüft werden, Fehler und Mängel waren anzuzeigen.
Da sich Kaiserin Maria Theresia in hohem Maße auf den Staatsrat stützte und ihn weitgehend in die von ihr zu treffenden Entscheidungen miteinbezog, übten die Räte in ihrer Regierungszeit mit ihren Gutachten großen, weil vorentscheidenden Einfluss aus. Mit dem Regierungsantritt Kaiser Josephs II. in Österreich verringerte sich der Einfluss des Staatsrats massiv: Der Kaiser traf viele Entscheidungen in seinem Kabinett, ohne den Staatsrat zu konsultieren. Kaiser Leopold II. stellte die ursprüngliche Stellung des Staatsrats wieder her. In die Zeit Kaiser Franz´ II.(I.) fallen zahlreiche, letztlich vergebliche Reformversuche: Der Geschäftsgang des Staatsrats als Kollegialbehörde war nicht mehr zeitgemäß, weil zu schwerfällig und langsam. 1801 wurde der Staatsrat daher aufgelöst und durch ein Staats- und Konferenzministerium ersetzt, das in drei Departements (Auswärtiges, Inneres, Kriegs- und Marinewesen) organisiert war. 1809 wurde dieses Staats- und Konferenzministerium aufgehoben und (wieder) durch einen „Staats- und Konferenzrat für die inländischen Geschäfte“ ersetzt. 1814 vereinte Kaiser Franz den Staatsrat mit der Konferenz zu einer Art Zentralgeschäftsleitung, die alle obersten Staatsgeschäfte führen sollte. Die Schaffung einer für alle sachlichen und territorialen Gegenstände im weitesten Sinne zuständigen Behörde stieß auf den Widerstand Metternichs, der die totale Lähmung der Hofstellen verhindern wollte und sich auch durchsetzte: Noch 1814 erfolgte die Trennung der Konferenz vom Staatsrat, beide wurden neu organisiert. Der Staatsrat bestand bis zu seinem Ende im Jahr 1848 aus vier Sektionen (Gesetzgebung, Verwaltung des Inneren, Finanzverwaltung, Kriegswesen).
Archivierungsgeschichte:Seit 1768 wurde beim Staatsrat eine eigene Registratur eingerichtet, die sich zu einem Archivdepot entwickelte. Nach der Auflösung des Staatsrates 1848 wurde dessen Archiv als „Geheimes Kabinettsarchiv“ verselbständigt – 1849 entschied man sich dafür, es dem Ministerpräsidenten zu unterstellen. Mit der Errichtung des Reichsrates 1851 wurde es diesem unterstellt, seit 1859 hieß es „Reichsrats-Archiv“. Mit der Auflösung des Reichsrates 1861 und der Einsetzung eines neuen (Jüngeren) Staatsrates ging das Archiv an diesen über („Staatsratsarchiv“), 1868 wurde es vorerst dem Ministerratspräsidium unterstellt, dann auf Antrag des Ministerrates – mit der Begründung, dass es wichtige, das Gesamtreich betreffende Akten enthalte – der kaiserlichen Kabinettskanzlei übergeben. Unter dem alten Namen „Kabinettsarchiv“ war es dem Kabinettsdirektor unterstellt. Gemeinsam mit den Kabinettsakten gelangte es schließlich ins Haus-, Hof- und Staatsarchiv.
Schon bei der Auflösung des Staatsrates 1848 umfasste dessen Archiv neben dem eigentlichen staatsrätlichen Archiv als zweiten großen Archivkörper das Archiv der Staatskonferenz, daneben fanden sich dort auch die Akten aus dem Büro des Ministers Kolowrat, die Nachlässe zahlreicher Kabinettsreferenten und viele weitere Akten unterschiedlichster Betreffe und auch fremder Provenienzen, die offensichtlich aus dem kaiserlichen Kabinett übernommen worden waren. Das Staatsratsarchiv diente also schon früh als Lagerort zahlreicher im Kabinett entstandener oder von diesem eingezogener Akten. Von diesen unterschiedlichen "Beigaben" wurden jene, bei denen es sich aus dem personellen oder sachlichen Bezug ergab, im Bestand Staatsrat belassen, weitere wurden im Haus-, Hof- und Staatsarchiv an passender Stelle – vor allem bei anderen Beständen des Kabinettsarchivs – eingeordnet. So manche Provenienz bleibt bis heute ungeklärt. Das Schicksal einiger abhanden gekommener und nicht ins Archiv gelangter Aktenserien lässt sich nicht mehr nachvollziehen.

Leider war gerade der Bestand Staatsrat am Ende des Zweiten Weltkrieges von großen Verlusten durch Vernichtung betroffen. Mit 1550 von ehemals 2000 Aktenfaszikeln wurden 1945 drei Viertel der Reihe der Staatsratsakten der Jahre 1761 bis 1848 zerstört; nur die Akten der Jahre 1833 bis 1848 sind erhalten geblieben. Erhalten geblieben ist hingegen die komplette Reihe der zur Erschließung dieser Akten jährlich angelegten Protokolle und Indices zu den Staatsratsakten von 1761 bis 1848 (zu deren Benützung siehe unten .

Die ursprünglich faszikulierten Akten des Staatsrats wurden 1957 in 495 Kartons (davon 12 Kartons Präsidialakten) eingeschachtelt (vgl. Tätigkeitsbericht HHStA 1957 S. 12, HHStA SB KA SR 8).

Angaben zu Inhalt und Struktur

Inhalt:Dokumente zur inneren Verwaltung der Donaumonarchie (siehe Verwaltungsgeschichte). Zu den Akten und Geschäftsbüchern des Staatsrates im engeren Sinn kommen Handregistraturen und Nachlässe einzelner Staatsratsreferenten und eine umfangreiche Sammlung von gedruckten Patenten und Zirkularen.
1. Protokolle, Indices, Akten
2. Patente und Zirkulare
3. Kaunitz-Voten zu Staatsratsakten
4. Minister Kolowrat Akten
5. Nachlass Franz Moritz Lacy
6. Faßbenderakten
7. Nachlass Kutschera (Materialien zur Geschichte des Staatsrates)

Angaben zur Benutzung

Zugangsbestimmungen:Der Bestand ist gemäß Bundesarchivgesetz (BGBl. I/162/1999) in Zusammenhang mit der Benutzerordnung des Österreichischen Staatsarchivs in der jeweils gültigen Fassung zugänglich.
Aus konservatorischen Gründen können die Staatsrats-Protokolle und -Indices der älteren Jahre nicht im Original ausgegeben werden. Im Zuge der laufenden Digitalisierung sind die Bände der Jahrgänge 1761-1768 und 1796-1817 bereits online in der Datenbank einsehbar. Die Bände der Jahrgänge 1769-1795 sind auf Mikrofilmen im Lesesaal des HHStA einsehbar. Die Jahrgänge 1818-1848 können im Original benützt werden.
Reproduktionsbestimmungen:Laut Benützungsordnung des Österreichischen Staatsarchivs
Sprache:Deutsch
Findhilfsmittel:Zeitgenössische Geschäftsbücher (Protokolle und Indices); Archivbehelfe XI/13,14,15; Gesamtinventar des HHStA, Bd. 2

Angaben zu verwandtem Material

Orginale (Existenz, Aufbewahrungsort):Akten und Geschäftsbücher sämtlicher weiterer historischer Abteilungen des Österreichischen Staatsarchivs
Veröffentlichungen:Carl von HOCK und Hermann Ignaz BIDERMANN, Der österreichische Staatsrath (1760-1848). Eine geschichtliche Studie (Wien 1879).
Friedrich WALTER, Die Geschichte der österreichischen Zentralverwaltung in der Zeit Maria Theresias 1740-1780 (= Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 32, Die österreichische Zentralverwaltung 2/1/1, Wien 1938) 261-281, 309-314/365, 422-463.
Friedrich WALTER, Die Zeit Josephs II. und Leopolds II. 1780-1792 (= Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 35, Die österreichische Zentralver-waltung 2/1/2/1, Wien 1950) besonders 87-90.
Friedrich WALTER, Die Zeit Franz´ II. (I.) und Ferdinands I. 1792-1848 (= Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 42, Die österreichische Zentralverwaltung 2/1/2/2, Wien 1956) 51-76.
Gyözö EMBER, Der österreichische Staatsrat und Ungarn in den 1760er Jahren. In: Ungarn und Österreich unter Maria Theresia und Joseph II. (Hgg. Anna M. Drabek, Richard G. Plaschka, Adam Wandruszka, Wien 1982) 43-54.
Peter CORDES: Die obersten Staatsorgane und die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten 1792-1852. Die Entwicklung von Kabinetts- und Staatskanzlei, Staatsrat, Konferenzministerium und Staatskonferenz im Übergang vom Kollegial- zum Ministerialsystem (ungedruckte phil. Diss. Graz 1978).

Zu den einzelnen Aktenbeständen des Staatsrats im Haus-, Hof- und Staatsarchiv siehe Fritz REINÖHL, Der Staatsrat. In: Gesamtinventar des Haus-, Hof- und Staatsarchivs 2 (Hg. Ludwig Bittner, Wien 1937) 223-251.

Gedruckte Quellen zur Geschichte des Staatsrats:
Friedrich WALTER (Hg.), Aktenstücke zur Geschichte des Staatsrates 1760-1774. In: ders. (Hg.)., Vom Sturz des Directoriums in publicis et cameralibus (1760/61) bis zum Ausgang der Regierung Maria Theresias. Aktenstücke (= Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 29, Die österreichische Zentralverwaltung 2/3, Wien 1934) 1-84.
Friedrich WALTER (Hg.), Die Zeit Josephs II. und Leopolds II. 1780-1792 (= Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 43, Die österreichische Zentralverwaltung 2/4, Wien 1956) 154-160.
Friedrich WALTER, Die Zeit Franz´ II. (I.) und Ferdinands I. (1792-1848). Aktenstücke (= Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 43, Die österrei-chische Zentralverwaltung 2/5, Wien 1956) 35-103.
 

Verwandte Verzeichnungseinheiten

Verwandte Verzeichnungseinheiten:keine
 

Benutzung

Schutzfristende:31.12.1878
Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL:https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=982
 

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